Orientteppich

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Orientteppiche sind im Orient , meist in traditioneller Handarbeit, gewebte und geknüpfte Teppiche . Das als „Teppichgürtel“ bekannte geographische Gebiet, innerhalb dessen Orientteppiche hergestellt werden, erstreckt sich von Marokko über Nordafrika, den Nahen Osten nach Zentralasien und Nordindien. Es schließt die Länder und Regionen Nordchina , Tibet , die Türkei , Iran , den Maghreb im Westen, den Kaukasus im Norden, sowie Indien und Pakistan im Süden ein. Menschen aus verschiedenen Kulturen, ethnischen Gruppen und Religionen stellen Orientteppiche her.

Durch Verwendung unterschiedlicher Materialien, Farben und Muster haben sich in den jeweiligen Gebieten oft besondere Teppichtypen entwickelt. Die Größe der Knüpfteppiche reicht von Kissen bis hin zu großen, Raum füllenden Teppichen; Trage- und Satteltaschen, Schmuckdecken für Tiere, Schmuckbänder für Zelte, islamische Gebetsteppiche ( sajjadah ), jüdische Torahschreinhüllen ( Parochet ), und christliche Teppiche mit sakralen Motiven sind bekannt.

Die Frühgeschichte des Nahen Ostens ist geprägt von nomadischen Wanderbewegungen, hauptsächlich der Turkvölker von Zentralasien westwärts. Mit den Nomaden könnte sich die Technik der Teppichherstellung in den Regionen verbreitet haben, deren klimatische Bedingungen einen Bodenbelag zum Schutz vor Kälte erfordern. Nach anderen Theorien hat der Knüpfteppich seinen Ursprung in nomadischen Flach- und Schlingengeweben, die Technik der Knüpfung und der Musterbildung aus verschiedenfarbigen Garnen wurde von der sesshaften Bevölkerung fester Siedlungen entwickelt.

Die Auseinandersetzung mit dem oströmischen Reich , die Arabische Expansion und Einführung des Islam, Invasionen fremder Völker wie der Mongolen , sowie die Kriege zwischen den regionalen Großmächten des Osmanischen und des Perserreichs haben das Kunsthandwerk des Teppichknüpfens in den Kerngebieten des „Teppichgürtels“ tiefgreifend beeinflusst. Die Rolle christlicher, insbesondere armenischer Teppichknüpfer bei der Weiterentwicklung der Teppichknüpferei vor allem in Anatolien und Nordwestpersien wird, teils kontrovers, diskutiert. [1] Mit dem Aufkommen des Islam entwickelte sich der Knüpfteppich unter dem Einfluss der islamischen Kunst schließlich zu dem Textil, das unter dem Namen „Orient-“ oder „Islamischer Teppich“ bekannt ist. [2]

Die Kunst des Teppichknüpfens gehört zu den ältesten kulturellen Leistungen der Menschheit. Die „traditionelle Kunst des Teppichknüpfens“ in Fars , Kashan und Aserbaidschan wurde 2010 in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der UNESCO aufgenommen. [3]

Geschichte

Antike Schriftquellen ab dem 2. Jahrtausend v. Chr.

Die wahrscheinlich ältesten Quellen, die Teppiche erwähnen, sind Keilschriften auf Tontafeln aus den königlichen Archiven von Mari aus dem zweiten Jahrtausend v. Chr. Das akkadische Wort für Teppich ist „mardatu“. Spezialisierte Teppichweber, „kāşiru“, werden sprachlich von anderen Spezialberufen wie den Säckemachern („sabsu“ oder „sabsinnu“) unterschieden. [4]

„Sprich zu meinem Herrn! Dein Diener Ašqudum (sagt), Ich habe meinen Herrn um einen Teppich gebeten, doch man hat mir keinen gegeben. (Tafel 16 8)

Sprich zu meinem Herrn! Dein Diener Ašqudum (sagt), Wegen der Frau die sich ganz alleine im Palast von Hişamta aufhält — Die Sache ist unwürdig. Es wäre gut, wenn fünf Frauen die Teppiche weben [5] bei ihr sein würden. (Tafel 26 58)“

Litteratures anciennes du proche-Orient, Paris, 1950 [6]

Palastinventare aus den Archiven von Nuzi aus dem 15. Jahrhundert und 14 Jahrhundert v. Chr. verzeichnen 20 große und 20 kleine mardatu um die Stühle im Palast des Idrimi in Alalach zu bedecken. [7]

Die antiken Griechen benutzten Teppiche. Homer schreibt in der Ilias 17, 350, dass die Leiche des Patroklos mit einem „prachtvollen Teppich“ bedeckt wird. In der Odyssee , Buch 7 und 10 werden ebenfalls „Teppiche“ erwähnt. Persische Teppiche werden erstmals gegen 400 v. Chr. vom griechischen Autor Xenophon in seinem Buch Anabasis erwähnt:

„αὖθις δὲ Τιμασίωνι τῷ Δαρδανεῖ προσελθών, ἐπεὶ ἤκουσεν αὐτῷ εἶναι καὶ ἐκπώματα καὶ τάπιδας βαρβαρικάς. […] καὶ Τιμασίων προπίνων ἐδωρήσατο φιάλην τε ἀργυρᾶν καὶ τάπιδα ἀξίαν δέκα μνῶν.“

„Danach ging er zu Timasion dem Dardanier, denn er hatte gehört, dass dieser einige persische Trinkgefäße und Teppiche hatte. […] Timasion trank auch auf seine Gesundheit und schenkte ihm einen silbernen Kelch und einen Teppich, der 10 Minen wert war.“

– Xenophon, Anabasis 7, 3, 18; 7, 3, 27. [8]

Xenophon beschreibt persische (wörtlich: „barbarische“, nicht-griechische) Teppiche als kostbar, und eines diplomatischen Geschenkes wert. Es ist nicht bekannt, ob diese Teppiche geknüpft waren, oder mithilfe einer anderen Technik hergestellt worden sind, beispielsweise als Flachgewebe oder Stickerei .

Plinius schrieb in seiner Naturalis historia 8, 48, dass Teppiche („polymita“) in Alexandria erfunden worden seien. Es ist unbekannt, ob diese Teppiche Flachgewebe oder Florteppiche waren, denn die Texte geben keine ausführlichen Informationen. Jedoch geht eindeutig aus den Texten hervor, dass Teppiche einen hohen Wert für die Besitzer hatten und ihren hohen Rang bekräftigten.

Theorien zum Ursprung des Knüpfteppichs

Die wenigen uns bekannten erhaltenen Teppichfragmente sind nicht die ältesten, sondern nur die ältesten erhaltenen Teppiche. Aufgrund des Mangels an Belegstücken und sonstigen Aufzeichnungen ist die Frage des Ursprungs des Knüpfteppichs auf Hypothesen angewiesen.

Die ältesten erhaltenen Teppichfragmente wurden an weit auseinander liegenden Orten gefunden. Ihre Datierung erstreckt sich über einen langen Zeitraum. Den nach heutigem Wissen ältesten Knüpfteppich fanden die russische Forscher Sergei Iwanowitsch Rudenko und M. Grjasnow im Jahr 1947 in einem skythischen Fürstengrab im Pasyryk-Hochtrockental im Altaigebirge , Sibirien . Rudenko nahm an, dass der Teppich im 5. Jahrhundert v. Chr., zur Zeit der Achämeniden , entstanden ist, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im nomadischen Milieu. [9]

Der Pasyryk-Teppich ist in symmetrischen Knoten geknüpft, die Fragmente aus Ostturkestan und Lop Nor weisen alternierende, um nur einen Kettfaden geknüpfte Knoten auf, die Fragmente aus At-Tar sind mit symmetrischen, asymmetrischen, und asymmetrisch in Schlingentechnik geknüpften Knoten geknüpft, während die Fragmente aus Fustāt Schlingegewebe, einzelne, oder asymmetrisch geknüpfte Knoten aufweisen. Die unterschiedlichen Knotentypen in den frühesten bekannten Teppichen, die an weit voneinander entfernten Orten gefunden wurden, legen nahe, dass die Knüpftechnik als solche sich an unterschiedlichen Orten entwickelt hat. [10]

Erdmanns Theorie des hirtennomadischen Ursprungs

Kurt Erdmann nahm an, dass die ersten Teppiche mit geknüpftem Flor von Nomadenhirten geknüpft wurden, die sie anstelle von Tierfellen verwendeten, um den Boden ihrer Zelte vor Kälte zu schützen. Er stützt seine Hypothese durch die Beobachtung, dass Knüpfteppiche nur in bestimmten geographischen Gebieten (zwischen dem 30. und 45. Breitengrad) hergestellt würden, wo das Klima einerseits Schutzvorrichtungen gegen Bodenkälte verlange, andererseits eine Steppenvegetation vorherrsche, die es zwar ermögliche, Herdenvieh zu halten, aber nicht Tierfelle in ausreichender Menge zu erjagen. Nach der Entdeckung, dass durch das Einknüpfen unterschiedlich gefärbter Garne dekorative Muster gestaltet werden können, sei der ursprünglich der Funktion entsprechend lange Teppichflor immer kürzer abgeschoren worden, damit das Muster klarer hervortrete. [11]

Chlopins Theorie der sesshaften Knüpfer

In bronzezeitlichen Frauengräbern einer festen Siedlung im südwestlichen Turkestan wurde von Igor N. Chlopin eine Anzahl Messer ausgegraben, die denjenigen bemerkenswert ähnlich sind, die von turkmenischen Knüpfern verwendet werden, um den Flor ihrer Teppiche zu scheren. Chlopin stellte die These auf, dass schon in der Bronzezeit in festen Siedlungen Knüpfteppiche angefertigt wurden. [12] Einige sehr alte Motive in turkmenischen Teppichen sind den Ornamenten auf alten Töpferwaren aus der gleichen Region sehr ähnlich. [13] Diese Funde legen den Schluss nahe, dass Turkestan eine der ersten Regionen sein könnte, wo Teppiche geknüpft wurden, aber nicht unbedingt die einzige. Für diese Theorie spricht, dass der älteste erhaltene Knüpfteppich, der Pasyryk-Teppich, bereits in sehr feiner Knüpfung mit sorgfältig und detailliert ausgeführter Musterzeichnung, auch unter Berücksichtigung der Fundumstände und Begleitfunde sicher kein Produkt des Nomadenzelts war. Die Theorie des hirtennomadischen Ursprungs ist damit nicht widerlegt. Es ist davon auszugehen, dass die Ursprünge der Teppichknüpferei sehr viel weiter in die Vergangenheit zurückreichen.

Stand der Forschung

Im Licht der antiken Schriftquellen und der archäologischen Entdeckungen ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Technik des Teppichknüpfens aus einer älteren Webtechnik entwickelt hat, und zuerst in festen Siedlungen angewendet wurde. Möglicherweise hat sich die Technik zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten entwickelt. Während der Wanderungen nomadischer oder vertriebener sesshafter Gruppen, vielleicht aus Zentralasien, haben sich Technik und Muster im als „Teppichgürtel“ bekannten Gebiet ausgebreitet.

Mit einiger Sicherheit ist der Ursprung der Web- und Knüpftechnik in der Herstellung von Flachgeweben ( Kelim ) in Zentral- und Mittelasien zu suchen. Für ihr tägliches Leben stellten die Nomaden unentbehrliches Zubehör wie Säcke, Taschen, Decken, Flachgewebe, Teppiche und Wandbehänge für ihre Zelte her. Das Flechten wird als Vorstufe des Webens angesehen. Ein Gewebe herzustellen bedeutet im Prinzip nichts anderes als Kett- und Schussfaden eng zu verflechten und das Gewebe zu verdichten. Auf diese Weise entsteht ein dichtes, flaches Gewebe ohne Flor, ähnlich einem sehr groben Stoff. Flachgewebe waren immer Teil des nomadischen und bäuerlichen Alltags. [14]

Durch Einbringen zusätzlicher, lockerer oder in Schlingen eingewebter Schussfäden in der „Wickeltechnik“ entstehen dickere, schwerere Textilien. [15] Die Wickeltechnik mit zusätzlichen Schussfäden erzeugt entweder flache Soumak-Gewebe , wenn die zusätzlichen Fäden straff eingewoben werden, oder die Schlingengewebe . Bei der Schlingenwebung werden die Schussfäden um einen Führungsstab geschlungen, so dass auf der dem Weber zugewandten Seite des Teppichs Reihen von Schlingen entstehen. Wenn eine Anzahl von Schlingen fertiggestellt ist, wird der Stab entweder einfach herausgezogen, so dass die Schlingen geschlossen bleiben. Das fertige Gewebe erinnert dann an ein sehr grobes Frotteegewebe . Eine andere Möglichkeit ergibt sich daraus, dass die Schlingen noch auf dem Führungsstab aufgeschnitten werden können. Auf diese Weise entsteht ein Gewebe, das einem echten Knüpfteppich ähnlich sieht. [16] Im Gegensatz dazu werden echte Knüpfteppiche so hergestellt, dass einzelne Garnstücke in die Kettfäden eingeknüpft werden, wobei das Garn nach jedem Knoten abgeschnitten und das Gewebe nach jeder Knotenreihe mit Schussfäden befestigt wird. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass Knüpfteppiche von Menschen hergestellt wurden, die schon Erfahrung mit der Schlingenwebung hatten. [17]

Fragmente aus Turkestan, Syrien, Irak und Afghanistan

Teppichfragmente aus dem 4. oder 3. Jahrhundert v. Chr. wurden in den Grabhügeln von Baschadar in der Gegend von Ongudai , Region Altai , Russland von Sergei I. Rudenko ausgegraben, dem Entdecker des Pasyryk-Teppichs. Sie zeichnen sich durch eine feine Knüpfung mit 4650 asymmetrischen Knoten pro Quadratzentimeter aus. [18]

Der Forschungsreisende Aurel Stein fand in Turpan , im Regierungsbezirk Hotan , Ostturkestan, China, flachgewobene Kelims , die bis ins 4. oder 5. Jahrhundert n. Chr. zurückdatiert werden können. Noch immer werden in diesem Gebiet Teppiche geknüpft. Teppichfragmente wurden im Gebiet von Lop Nor gefunden. Diese sind mit symmetrischen Knoten geknüpft. Nach jeder Knotenreihe wurden fünf bis sieben Schussfäden in unterschiedlichen Farben eingewoben, die ein Streifenmuster erzeugen. Diese Fragmente werden im Londoner Victoria and Albert Museum aufbewahrt. [19]

Andere Fragmente, sowohl mit symmetrischen als auch mit asymmetrischen Knoten wurden in Dura Europos in Syrien gefunden, [20] sowie in den Höhlen von At-Tar im Irak . [21] Letztere wurden in die ersten Jahrhunderte nach Christus datiert.

Diese insgesamt sehr seltenen Funde zeigen, dass schon vor dem ersten Jahrhundert n. Chr. in Westasien alle Fertigkeiten und Kenntnisse vorhanden waren, die zum Wollefärben und Teppichknüpfen erforderlich sind.

Fragmente von Knüpfteppichen aus nicht genau bekannten Fundorten in Nordost- Afghanistan , wahrscheinlich aus der Provinz Samangan wurden mittels Radiocarbonmethode auf einen Zeitraum zwischen dem 2. Jahrhundert n. Chr. bis in die frühe Sassanidenzeit datiert. Einige dieser Fragmente zeigen Tiere wie beispielsweise Hirsche, die manchmal zu einer Prozession angeordnet sind und somit an den Pasyryk-Teppich erinnern, oder eine geflügelte mythische Kreatur. Kett- und Schussfäden sowie der Flor sind aus Wolle, die zu grobem Garn versponnen ist. Die Fragmente sind mit asymmetrischen Knoten geknüpft. Nach jeder dritten bis fünften Knotenreihe sind Strähnen unversponnener Wolle oder Stoff- und Lederstreifen eingearbeitet. [22] Diese Fragmente befinden sich in der Sammlung Al-Sabah im Haus der Islamischen Kunst ( Dar al-Athar al-Islamyya ) in Kuwait . [23] [24]

Anatolische Teppiche der Seldschukenzeit aus dem 13.–14. Jahrhundert

Die ältesten weitgehend erhaltenen geknüpften Teppiche wurden in den anatolischen Städten Konya und Beyşehir sowie im ägyptischen Fustāt gefunden und ins 13. Jahrhundert datiert. Sie stammen somit aus der Zeit des Sultanats der Rum-Seldschuken . Aus anderen Ländern sind keine Teppiche aus dieser frühen Zeit erhalten.

Im frühen 14. Jahrhundert schrieb Marco Polo in seinem Reisebericht:

„…et ibi fiunt soriani et tapeti pulchriores de mundo et pulchrioris coloris.“

„…und hier stellt man die schönsten Seidenstoffe und Teppiche der Welt her, und in den schönsten Farben.“ [25]

Von Persien kommend, reiste Polo von Sivas nach Kayseri. Abu l-Fida zitiert Ibn Sa’id al-Maghribi, der im späten 13. Jahrhundert von Teppichexporten aus anatolischen Städten berichtete: „Hier werden Turkomanische Teppiche gemacht, die in alle anderen Länder gehandelt werden“. Er, wie der marokkanische Kaufmann und Reisende Ibn Battuta nennen Aksaray als großes Zentrum der Teppichknüpferei im frühen bis mittleren 14. Jahrhundert.

Acht Teppichfragmente wurden 1905 von F. R. Martin in der Alaaddin-Moschee in Konya gefunden, [26] vier weitere fand 1925 Rudolf Meyer Riefstahl in der Eşrefoğlu-Moschee in Beyşehir ebenfalls in der Provinz Konya. [27] Mehr Fragmente tauchten im ägyptischen Fustāt auf. [28]

Aufgrund ihrer ursprünglichen Größe (Riefstahl publizierte einen Teppich von 6 m Länge), können die Konya-Teppiche nur in einer spezialisierten Stadtmanufaktur hergestellt worden sein, denn Webstühle dieser Größe finden keinen Platz in einem Dorfhaus oder einem Nomadenzelt. Es ist nicht bekannt, wo genau diese Teppiche einst geknüpft wurden. Die Feldmuster der Konya-Teppiche sind meist geometrisch und im Verhältnis zur Größe des Teppichs eher klein. Die untereinander sehr ähnlichen Muster sind in diagonalen Reihen angeordnet: Hexagone mit geraden oder hakenbesetzten Umrisslinien; Quadrate mit Sternen darin und dazwischen eingefügten Ornamenten, die kufischer Schrift ähnlich sind; Sechsecke oder stilisierte Blumen und Blätter in Rautenornamenten. Die Hauptbordüre enthält oft kufische Ornamente. Die Ecken sind nicht „aufgelöst“, was bedeutet, dass das Muster der Bordüre an den Ecken abgeschnitten erscheint und sich nicht um die Ecke herum fortsetzt. Die Farben (Blau, Rot, Grün, seltener Weiß, Braun, Gelb) erscheinen gedämpft. Oft liegen zwei unterschiedliche Schattierungen der gleichen Farbe direkt nebeneinander. Kein Muster gleicht dem anderen auf diesen Teppichen.

Die Teppiche aus Beyşehir sind denen aus Konya in Muster und Farbgebung sehr ähnlich. [29] Im Unterschied zu den Tierteppichen der Folgezeit sind Abbildungen von Tieren auf den seldschukischen Teppichen selten zu sehen. Auf einigen Fragmenten finden sich gehörnte, einander gegenüber gestellte Vierfüßler, oder Vögel zu beiden Seiten eines Baumes.

Der Stil der Seldschukenteppiche weist Parallelen auf zu architektonischen Schmuckelementen zeitgleicher Bauwerke wie der Moschee in Divriği oder Bauten in Sivas und Erzurum , und könnte verwandt sein mit Ornamenten der byzantinischen Kunst. [30] Die Teppiche werden im Mevlana-Museum in Konya und im Museum für türkische und islamische Kunst in Istanbul verwahrt.

Frühe anatolische Tierteppiche aus dem 14.−16. Jahrhundert

Teppiche mit speziellen Tiermustern wurden nach heutigem Wissen in Anatolien hergestellt. Charakteristisch für diese Gruppe sind die in den Flor eingeknüpften stilisierten Tierdarstellungen. Sie wurden im 14. bis 16. Jahrhundert während der Seldschuken – und frühen Osmanenzeit hergestellt und auch nach Westeuropa exportiert. Sehr wenige dieser Teppiche sind noch erhalten, die meisten in fragmentarischem Zustand. Tierteppiche wurden jedoch häufig auf Gemälden der frühen Renaissancezeit dargestellt. Die Entstehungszeit der erhaltenen Teppiche kann durch Vergleich mit ihren gemalten Gegenstücken bestimmt werden. Ihre Untersuchung hat wesentlich zur Entwicklung der Chronologie der islamischen Kunst beigetragen. [29] Bis zur Entdeckung des Pasyryk-Teppichs und weiterer Fragmente galt der im Museum für Islamische Kunst in Berlin aufbewahrte „Drache und Phönix“-Teppich als der älteste der Welt. Weitere Funde von Teppichen dieser Gattung, beispielsweise der im schwedischen Marby gefundene Tierteppich, belegen einen Export anatolischer Teppiche bis nach Nordeuropa.

Weitere Geschichte

Im Mittelalter kamen einige Teppiche durch die Kreuzritter nach Europa, und später wurden Teppiche aus dem Orient von Reisenden und Geschäftsleuten als Geschenke, in großer Zahl durch den Handel, nach Europa gebracht, nach Rom oder Venedig . Von dieser Zeit an sind mehr Teppiche erhalten und erlauben einen detaillierteren Überblick über die Geschichte der Teppichknüpferei in einzelnen Ländern.

Herstellung und Aufbau

Webstuhl

Es werden zwei Arten von Webstühlen unterschieden

  • der liegende oder horizontale und
  • der stehende oder vertikale Webstuhl.

Horizontaler Webstuhl

Die Nomaden verwenden den horizontalen Webstuhl. Das recht einfache Gerät besteht aus vier Pflöcken im Boden und zwei Querbalken zum Spannen der Kettfäden. Hierdurch wird nomadische Flexibilität gewahrt. Wird mit dem Vieh weitergezogen, werden die Pflöcke aus dem Boden gezogen und samt dem halbfertigen Erzeugnis zusammengefaltet und am neuen Standort wieder aufgebaut. Die Größe des Teppichs ist dabei durch die Maße des eingerichteten Webstuhls begrenzt. Diese Technik wird noch unter den traditionell lebenden Nomadenstämmen praktiziert. Andererseits sind viele Nomaden sesshaft geworden, so dass ihre Teppiche in Heimarbeit entstehen. Sie verwenden dann oft fest montierte horizontale Webstühle, an denen mehrere Personen gleichzeitig nebeneinander arbeiten können.

  • Afscharen , Bachtiaren , Belutschen , Kaschgai , Kurden , Luren und Turkmenen in Persien,
  • Belutschen und Turkmenen in Afghanistan
  • Kurden und Bergnomaden ( Yörük ) in Anatolien.

Vertikaler Webstuhl

Im Gegensatz zum horizontalen Webstuhl ermöglicht der stehende oder vertikale andere Arbeitsweisen, zudem größere Teppichformate. Der einfachste Stuhl hat feste Querbäume und die Länge des Webstuhls bestimmt die Teppichlänge. In den Manufakturen werden die Kettfäden aus Baumwolle auf Balken oder in größeren Fabriken im Walzenwebstuhl auf Metallwalzen gespannt. Je nach Breite können mehrere Knüpferinnen am Webstuhl gleichzeitig arbeiten. Die Walzen mit den Kettfäden werden weiter gedreht und der fertige Teppichteil nach unten oder hinten umgelegt. Dadurch bleibt die Arbeitshöhe der vor dem Knüpfstuhl sitzenden Frauen beibehalten.

Drei Typen aufrechter Webstühle, die auf verschiedene Weise technisch modifiziert sein können, werden unterschieden. Es gibt den festen Dorfwebstuhl, den Täbris- oder Bunyan-Webstuhl und den Rollbalken-Webstuhl. [31]

  1. Der feste Dorfwebstuhl wird überwiegend in ländlichen Gebieten des Iran und der Türkei verwendet und setzt sich zusammen aus einem fixierten oberen und einem beweglichen unteren Balken („Stoffbalken“), der in Schlitzen der Seitenbalken befestigt ist. Die richtige Spannung der Kettfäden wird durch Keile erzeugt, die in die Schlitze der Seitenbalken eingetrieben werden. Die Knüpfer arbeiten auf einer höhenverstellbaren Planke, die dem fortschreitenden Teppich folgend immer höher gestellt wird. Ein auf einem solchen Webstuhl hergestellter Teppich kann maximal so lang sein wie der Webstuhl hoch ist.
  2. Der nach der gleichnamigen Stadt benannte Täbris -Webstuhl wird traditionell im nordwestlichen Iran benutzt. Die Kettfäden setzen sich hinter dem Webstuhl ähnlich wie ein senkrechtes Fließband fort. Die Spannung der Kettfäden wird mit Keilen eingestellt und aufrechterhalten. Die Knüpfer behalten eine feste Position ein. Wenn ein Abschnitt des Teppichs fertig ist, werden die Kettfäden gelockert und der Abschnitt nach unten auf die Rückseite des Webstuhls gezogen. Dieser Prozess wiederholt sich so lange, bis der Teppich fertig ist. Technisch bedingt kann auf einem Täbris-Webstuhl ein Tepich geknüpft werden, der maximal doppelt so lang ist wie der Webstuhl hoch.
  3. Der Rollbalken-Webstuhl findet weite Verwendung in allen Ländern, die Teppiche herstellen. Er besteht aus zwei beweglichen Balken, um die die Kettfäden gewickelt sind. Die Balken sind mit Rasten befestigt. Wenn ein Teppichabschnitt fertig ist, wird er auf den unteren Balken aufgewickelt. Theoretisch kann auf einem Rollbalken-Webstuhl ein Teppich jeder beliebigen Länge hergestellt werden. In manchen, besonders in türkischen, Manufakturen werden mehrere Teppiche hintereinander auf denselben Kettfäden geknüpft und am Schluss auseinander geschnitten.

Je enger die Kettfäden beieinander liegen, desto dichter wird der Teppich. Die Breite wird durch die Querbalken bestimmt. Aus dem gesamten Abstand der Querbalken wird die Länge des Teppichs festgelegt. Der Knüpfvorgang beginnt am unteren Ende der Kettfäden.

Material

Kette und Schuss bilden das Grundgewebe und der Flor das Muster. Hierfür werden verschiedene Materialkombinationen eingesetzt.

Kette Schuss Flor
Schafwolle Schafwolle Schafwolle
Baumwolle Baumwolle Baumwolle
Naturseide Naturseide Naturseide
Baumwolle Baumwolle Naturseide
Baumwolle Baumwolle Kunstseide
Baumwolle Baumwolle Schafwolle

Fasern aus Wolle, Baumwolle und Seide müssen gezwirnt oder gesponnen werden. Der Zwirn kann als S-Drehung im Gegen-Uhrzeigersinn oder als Z Uhrzeigersinn versponnene Wolle sein. Bei der Alters- und Herkunfts-Bestimmung eines Teppichs kann die entsprechende Analyse des Garns sehr hilfreich sein. [32]

Wolle

Für die Teppichproduktion sind drei Arten von Schafrassen wichtig: das Merinoschaf, das Crossbredschaf (Kreuzzucht) und das Cheviotschaf .

Unterschiede in der Qualität und im Erscheinungsbild ergeben sich aus der Schafrasse und den klimatischen Verhältnissen, unter denen die Tiere leben. Hochlandschafe geben durch Klima und Vegetation eine bessere Wolle als Schafe aus milden Klimazonen. Das Alter der Tiere beeinflusst die Qualität ebenfalls. In jungen Jahren ist die „Wolligkeit“ besser, ausreichende Widerstandskraft erhält sie erst nach dem ersten Lebensjahr des Tieres. Die Schur erfolgt meist im Frühjahr.

Wolle wird danach unterschieden, wann und wie oft geschoren wird. Jährlingswolle stammt von der ersten oder zweiten Schur nach zehn bis zwölf Monaten. Lammwolle ist die Wolle der ersten Schur nach sechs Monaten, die Kurkwolle (pers. = Flaum, weiche Wolle). Einschurwolle wird nur einmal im Jahr geschoren, Zweischurwolle von Schafen, die zweimal im Jahr geschoren werden. Haut- oder Schlachtwolle ist Wolle der geschlachteten, Sterblingswolle die von verendeten Schafen.

Die Vliesteile sind noch roh und naturverschmutzt, sie werden in mehreren hintereinander geschalteten Bottichen schonend in Wasser unter Zusatz von schwachen Alkalien gewaschen und entfettet. Die mechanische Belastung muss gering bleiben, um ein Verfilzen zu vermeiden. Es werden zunehmend synthetische Detergenzien eingesetzt, die leichter entfetten. Von einem Merinoschaf werden zwei Kilogramm gewaschene Wolle gewonnen. Vor dem Spinnen werden die Fasern geöffnet und gekämmt. Ohne jegliche Hilfsmittel kann die Wolle mit den Händen ausgezupft werden. Handkarden sind zwei Brettchen mit Handgriffen, die an der Innenseite mit vielen kleinen abgewinkelten Häkchen aus Stahl besetzt sind, damit ist das Lockern schneller und gleichmäßiger möglich. In der modernen Spinnerei stehen dafür Kardiermaschinen bereit.

Seit Anfang der Industriellen Revolution wird Wolle maschinell versponnen . Zuvor wurde die gesamte Rohwolle für die Teppichherstellung von Spinnerinnen in Handarbeit versponnen; diese wird gekennzeichnet durch eine Art Maserung, eine unregelmäßige Stärke der einzelnen Fäden. Besonders Teppiche mit wenig Muster oder ohne Muster erhalten dadurch ihre Eigenart wie die Gabbeh .

Seide

Naturseide wird aus den Kokons des Maulbeerspinners gewonnen. Die Herkunft dieses Insektes ist China, über Korea kam die Zucht nach Byzanz und ins südliche und mittlere Europa und wurde hier in Italien und dann in Frankreich zu Stoffen verarbeitet. Zehn Tagen nach der Eiablage schlüpfen Raupen, die ausschließlich frische Blätter des Maulbeerbaums fressen. Nach vier Wochen sind sie fingerdick und verpuppen sich. Bevor die Spinner schlüpfen, werden die Larven in den Kokons durch heißes Wasser oder Wasserdampf abgetötet. Dabei lösen sich die äußeren Lagen. Jetzt wird die Haspelseide von den Kokons „abgehaspelt“, also abgewickelt und aufgespult. Ein Kokon kann bis zu 25.000 Meter Faden ergeben. [33]

Bei Isfahan-Teppichen aus Persien und Hereke-Teppichen aus der Türkei wird diese Haspelseide für Kettfäden genutzt. Einige Teppicharten werden gänzlich aus Seide hergestellt. Seide ist nicht so elastisch wie Schafwolle, aber sehr strapazierfähig. Aufgrund ihrer hohen Reißfestigkeit lässt sich Seide dünner verspinnen und Teppiche von sehr hoher Feinheit mit hoher Knotendichte können geknüpft werden.

Baumwolle

Nach Wolle ist Baumwolle das Material bei Teppichherstellung. Die Baumwollpflanze ist ein strauch- bis baumartiges Gewächs, das jährlich neu angebaut wird. Die reife Fruchtkapsel platzt und die Fasern der Baumwolle quellen heraus. Diese Faserbällchen werden von Hand oder maschinell eingesammelt und entkörnt, das Egrenieren ist das Abtrennen der Samenhaare von den Samenkörnern. Baumwollfäden sind sehr zugfest und robust und haben sich als Träger für die Knoten im Grundgewebe in Schuss und Kette durchgesetzt. Für den Flor sind sie ungeeignet. In der Knüpfteppichproduktion wird mercerisierte Baumwolle eingesetzt. Durch ein Bad in kalter Natronlauge erhält die Baumwolle Seidenglanz. Das Verfahren wurde 1844 von John Mercer entwickelt. Ein Mischgarn aus merzerisierter Baumwolle mit geringer Beimischung von Seide wird im Teppichhandel als Flosch bezeichnet.

Gelegentlich wird Baumwolle als Effektgarn im Pol oder für das Knüpfen besonders leuchtend weißer Ornamente verwendet, ungebleichte Tierwolle hat stets einen gelblich-weißen Farbton. Allerdings nimmt Baumwolle als Florgarn leicht Schmutz an und die Polfestigkeit ist gering, der Flor tritt sich schnell zusammen. Reine Baumwollteppiche werden als Sommerteppiche verwendet. Sommerteppiche sind Flachgewebe, die während der Sommermonate ausliegen und zu besonderen Gelegenheiten; während der kalten Jahreszeit wurden geknüpfte Teppiche darüber gelegt. Auch in Anatolien, in der Panderma -Region, wurden Sommerteppiche angefertigt. In Indien heißen sie Dhurries .

Farben und Färbung

Naturfarben

Die Färbekunst entwickelte sich mit der Knüpfkunst, sie geht auf jahrtausendalte überlieferte Methoden zurück. Wolle und Seide für die Teppichherstellung werden vorzugsweise mit natürlichen Farbstoffen gefärbt. [34] Die erreichbaren Färbungen sind nicht grell und schreiend, sondern fügen sich zu zarten und harmonischen Kombinationen. Ein häufiges Farbmittel für Rot und Rotbraun wird aus der Wurzel der Färberkrapppflanze gewonnen. Hierbei sind die Farbstoffe Alizarin und Purpurin von besonderer Bedeutung. Unterschiedliche Farbtöne wurden durch Beizen mit Aluminiumsalzen (Rot) oder Eisensalzen (Violett bis Braun) erreicht. Purpurrot – „die Farbe der Könige“ – stammt aus dem Panzer der Schildlaus . Für Blau wird die Wurzel der Indigopflanze , für Gelb Färber-Wau , Gelbwurz , Kurkuma , Kamille oder der Farbstoff der Granatapfelschalen eingesetzt. Grüne Töne lassen sich durch Überfärben von Indigo mit einem gelben Farbstoff erzeugen. Mit Indigo und Krapp werden violette und braunviolette Töne gefärbt. Safran liefert einen gelborangefarbenen Farbton. Cochenille als Insektenfarbstoff der Farblaus und Blauholz ( Campecheholz ) aus Amerika erreichten im 16. Jahrhundert den Orient. Weitere Insektenfarbstoffe stammen aus Sekreten, die im Wesentlichen Schellack oder Stocklack enthalten. Die Farbstoffe sind hierbei Carminsäure und Laccainsäure, die ein bläuliches Rot lieferten. [35]

Kleine Garnstränge für den Flor werden per Hand gefärbt. Jedes gefärbte Los der Wolle wird per Hand in den Teppich geknüpft. Beim nächsten Los der gefärbten Wolle ist eine Farbabweichung unvermeidlich – diese wird Abrasch genannt. Die Farbveränderung zeigt sich in horizontaler Richtung, also in Arbeitsrichtung.

Es ist nicht mit Sicherheit möglich festzustellen, ob die Farben in einem Teppich von natürlichen Farbstoffen stammen. Oft kann dies nur mit Hilfe von chemischen Tests festgestellt werden. Zwei der wichtigsten Naturfarben – Indigoblau und Krapprot – können chemisch exakt imitiert werden. [36]

Synthetische Farbmittel

Als halbsynthetischer Farbstoff wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts in einigen Teppichen Indigosulfonsäure, hergestellt aus Indigo und Schwefelsäure , verwendet. Anilinfarben aus Steinkohlenteer wurden in Europa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hauptsächlich von den deutschen Farbenfabriken hergestellt und gelangten bald auf unterschiedlichen Handelswegen in den Orient. Wegen des geringen Preises und der leuchtenderen Farben verbreiteten sie sich und ersetzten oder ergänzten teilweise die Naturfarbstoffe. Dadurch lassen sich Teppiche aus der Zeit zwischen 1860 und 1870 leicht datieren. Insbesondere wurden Triphenylmethanfarbstoffe und Azofarbstoffe verwendet. Zum Färben eingesetzte Farbstoffe waren beispielsweise Mauvein , Anilinblau , Fuchsin , Kongorot , Kristallviolett , Malachitgrün, Methylorange , Naphtholgelb, Ponceau 2R, Echtrot A (Roccelline) und Amaranth . In einem kurdischen Teppich konnte Pikrinsäure nachgewiesen werden. Allerdings waren die ersten synthetischen Farbstoffe noch unrein, verblassten schnell und die Schurwolle verfilzte leicht beim Färbevorgang, so dass die Nachfrage nach diesen Produkten wieder sank. In Persien wurden sie auf Befehl des Schahs 1900 verboten. [37] Dennoch sind moderne Farbstoffe bei den verbesserten Echtheiten und Farbstärken und dem durchgängig geringeren Preis zum Faserfärben im Einsatz.

Die Knoten

Der „türkische“ Gördesknoten ist ein symmetrischer Doppelknoten, der hauptsächlich in der anatolischen Knüpfkunst benutzt wird. Der anatolische Teppich beansprucht durch den Gördesknoten mehr Knüpfzeit und benötigt mehr der wertvollen Wolle. Beim symmetrischen oder türkischen Knoten schauen die beiden Enden eines Knotenfadens zwischen den entsprechenden beiden Kettfäden nach oben und bilden den Flor.

Der „persische“ Sennehknoten ist als asymmetrischer Einfachknoten charakteristisch für die persischen Teppiche. Der Begriff ist eigentlich irreführend, weil in der persischen Stadt Senneh (heute Sanandadsch ) traditionell der symmetrische „türkische“ Knoten Verwendung fand. Beim asymmetrischen oder persischen Knoten schaut nur ein Ende eines Knotenfadens zwischen den entsprechenden beiden Kettfäden nach oben, während das andere Ende des Knotenfadens neben beiden Kettfäden nach oben geführt wird. Das freie Ende des Fadens kann sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des Kettfadens herausschauen, was als „nach rechts“ oder „nach links öffnend“ bezeichnet wird. Dies ist wichtig, weil bestimmte Regionen oder Stämme jeweils spezielle Knoten verwenden. Es lässt sich leicht herausfinden, nach welcher Richtung asymmetrische Knoten öffnen, indem mit der Hand der seitliche Strich des Teppichs bestimmt wird. [38]

Eine geografische Zuordnung dieser beiden Knotentypen gibt es nicht. Beide werden (fast) überall angewendet.

Dschuftiknoten wird eine Knotenart genannt, die meist aus Ersparnisgründen statt zwei jeweils vier Kettfäden umfasst. Dschuftiknoten können symmetrisch oder asymmetrisch nach links oder rechts öffnend geknüpft werden. [39] Er findet seit Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem in für den Handel hergestellten Teppichen Anwendung, um Zeit und Material zu sparen, vor allem in größeren einfarbigen Bereichen des Teppichfelds. Der Dschuftikonten ergibt eine schlechtere Qualität, [40] weil verglichen mit der traditionellen Knüpfung nur die halbe Menge des Knüpfgarns gebraucht wird. Der Teppichflor ist dann nicht so dicht und nutzt sich schneller ab. [41]

Eine weitere Variante, der Einzelknoten , tritt in alten spanischen sowie koptischen Knüpfteppichen vor. Der Einzelknoten wird um einen einzelnen Kettfaden geknüpft. Diese Technik ist sehr alt und einige der von Aurel Stein in Turpan gefundenen Fragmente sind mit Einzelknoten geknüpft. [42]

Auch ungleichmäßige Knoten kommen vor, die beispielsweise einen Kettfaden auslassen, über drei oder vier Kettfäden geknüpft sind, einzelne Einzelknoten, oder zwei Knoten die asymmetrisch nach links oder rechts sich einen Kettfaden teilen. Oft finden sie sich in turkmenischen Teppichen, wo sie zu der besonders dichten und regelmäßigen Struktur dieser Teppiche beitragen.

Die versetzte oder offset-Knüpfung zeigt Knoten, die sich in aufeinander folgenden Reihen jeweils abwechselnd Kettfadenpaare teilen. Diese Technik erlaubt Farbwechsel von einem halben Knoten zum nächsten und erlaubt so das Knüpfen von Diagonalen in verschiedenen Winkeln. Eine solche Knüpfung ist manchmal in kurdischen oder turkmenischen Teppichen zu finden, vor allem in denen der Yomuden. Meist sind die Einzelknoten symmetrisch geknüpft. [42]

Der aufrechte Flor von Orientteppichen neigt sich meist zum unteren Ende des Teppichs, weil jeder einzelne Knotenfaden nach dem Knüpfen nach unten gezogen und abgeschnitten wird. Wenn mit der Hand über den Flor gestrichen wird, bietet ein Knüpfteppich einen „Strich“ wie ein Tierfell. Durch Bestimmen des Strichs lässt sich erkennen, an welchem Ende das Knüpfen angefangen hat. Gebetsteppiche werden oft von der Seite der Bogenspitze aus angefangen, also „auf dem Kopf stehend“ geknüpft. Wahrscheinlich gibt es dafür sowohl technische (die Knüpferin kann sich zunächst auf das kompliziertere Bogenmuster konzentrieren und das Feld später anpassen) als auch praktische Gründe, weil sich der Flor später in die Richtung des sich verbeugenden Beters neigt, was sich angenehmer anfühlt.

 

Die Knotendichte

Die Feinheit von Orientteppichen wird nach der Knotenzahl pro Fläche definiert [43] .

 

Die ungefähre Knotenanzahl pro Quadratmeter wird durch das Auszählen auf der Rückseite des Teppichs mit Hilfe eines Lineals ermittelt. Die Anzahl der Knoten, sichtbar als kleine „Höcker“, wird auf 10 mm waagerecht und danach 10 mm senkrecht bestimmt und das Ergebnis für die Fläche multipliziert. Die Anzahl der Knoten pro Quadratzentimeter mit dem Faktor 10.000 multipliziert ergibt die Knotenanzahl per Quadratmeter. Bei fünf Knoten auf 10 mm waagrecht und sechs Knoten auf 10 mm senkrecht ergeben sich 5 x 6 = 30 Knoten pro Quadratzentimeter und mithin 30 x 10.000 = 300.000 Knoten pro Quadratmeter.

Bei einer Knotendichte von 10 x 10 Knoten (= 100 pro cm²) wird für einen Quadratmeter Orientteppich beim Knüpfen etwa ein Jahr benötigt. Bei einer Knotenzahl von 15 x 15 Knoten (= 225 pro cm²) sind je Quadratmeter bereits drei bis fünf Jahre zu kalkulieren. Bei 24 x 24 Knoten (= 576 pro cm²) handelt es sich um einen Weltklasseteppich aus Seide, für dessen Herstellung etwa elf Jahre benötigt wurden.

Umrechnung von Radj auf Knoten

Die Knotendichte von Täbris-Teppichen wird in Radj angegeben. Die persischen Angaben für Knüpfdichten sind in Knoten auf der Kette pro Radj gerechnet. Dabei entspricht die Länge von einem Radj etwa 7 Zentimeter, also 0,07 Meter. Ein Meter entspricht demnach 14,29 Radj und die Knoten pro Laufmeter Kette berechnen sich aus Radj x 14,29. Ein Teppich mit 22 Knoten pro Radj hat demnach 310 Knoten pro Laufmeter Kette, weil 22 x 14,29 = 314.

Um auf übliche Knotenzahl pro Quadratmeter umzurechnen, gilt Radj x Radj x 14,29 x 14,29 = Radj x Radj x 204. Die Angabe „22-Radj-Teppich“ beispielsweise entspricht einer Knüpfdichte von 100.000 Knoten pro Quadratmeter. Berechnung: 22 x 22 x 204 = 98.736, also nahezu 100.000.

Das Knüpfen

Zu Beginn muss immer ein Stück Kelim gewebt werden. Dabei werden die Schüsse eingetragen und festgeschlagen, um der ersten Knotenreihe des entstehenden Knüpfteppichs Halt zu geben. Zum Knüpfen eines Knotens wird ein Faden in der entsprechenden Farbe gewählt. Mit einem Knüpfmesser („Tich“) wird von dem über der Knüpferin hängenden Knäueln ein Fadenstück abgeschnitten. Der Faden wird um zwei benachbarte Kettfäden geschlungen, so dass das rechte Fadenende hervorschaut. Die Schlinge wird straff nach unten gezogen und während des Hinunterziehens auf Höhe des rechten Fadenendes abgeschnitten. So wird mit jedem Kettenpaar verfahren. Für den Gördesknoten wird in einigen Regionen ein Spezialmesser genutzt. Die Spitze dieses „Täbriz-Knüpfhakens“ ist mit einem Häkchen versehen, so kann mit ihm der rechten Kettfaden ergriffen und die rechte Hälfte des Knotens gezogen werden.

Nach dem Fertigstellen der ersten Reihe von Knoten werden zwei oder mehrere Schüsse eingezogen, das heißt die Schussfäden werden wechselweise um die Kettfäden durchgeführt. Dann schlägt die Knüpferin die Knoten und die Schüsse mit einem hölzernen oder metallenen Kamm nieder und es folgt die nächste Reihe von Knoten. So gewinnt der Teppich, Reihe um Reihe, von unten nach oben seine Länge. Die Gesamtheit der eingeknüpften verschiedenfarbigen Knoten bildet den Flor mit dem gewünschten Muster. Den oberen Abschluss der fertigen Knüpfarbeit bilden wiederum – wie zu Beginn – einige Reihen von fest verwebten Schussfäden in Kelimart. Ersatzweise wird ein entsprechender Sicherungsfaden eingeführt. Beide Varianten haben die Aufgabe, das Ablösen der Randknoten vom Gewebe zu verhindern. Die seitlichen Abschlüsse bilden die Randbefestigung an den Längsseiten der Teppiche. Sie entstehen durch Umwickeln der Kanten mit dem passenden Material. Die durchlaufenden Kettfäden sind am fertigen Stück als Fransen an den Schmalseiten sichtbar. [44]

Das Scheren

Der Flor muss nach dem Knüpfen auf eine einheitliche Höhe gebracht werden. Durch das Scheren wird der Flor niedriger, und das Muster tritt klarer hervor. Feine, detaillierte Knüpfung erfordert einen niedrigen Flor, Teppiche mit gröberer Knüpfung können einen längeren Flor aufweisen. Das Scheren erfolgte früher mit speziellen Messerklingen oder großen, flachen Scheren. Heute werden Teppiche mit Maschinen geschoren, die Schleifmaschinen ähnlich sehen und die abgeschnittenen Fasern gleich absaugen. Indem der Flor entlang von Farbverläufen tiefer ausgeschoren oder geschnitten wird, kann ein Reliefeffekt entstehen.

Die Wäsche

Ein Teppich mit schlecht gewaschener Wolle ist immer schwerer, schmutzempfindlicher und gegen Motten anfälliger. Die Wollwäsche ist in der Manufaktur einer der wichtigsten Aufbereitungsfaktoren. Es handelt sich dabei um einen mehrstufigen Prozess, wie Vorwäsche, Hauptwäsche und diverse Spülgänge. Dadurch werden lose Fasern entfernt, überschüssige Farbe ausgespült und Glanz erreicht, der Flor ordnet und glättet sich und das Muster tritt deutlicher hervor. Vormals wurde das fertige Stück einfach in das fließende Wasser eines Baches getaucht und zum Trocknen in die Sonne gehängt. Ein guter Wäscher kann viele Wirkungen hervorrufen, die sich im Laufe der Zeit von selbst einstellen – er kann das Rot leuchtend belassen oder es zu Nuancen von Rosa, Rost, Kupfer bis Braun, Gold oder Beige dämpfen. [45] Lüster (Florglanz) wird vielfach durch eine Chlor- oder Glanzwäsche erreicht. In den Knüpfereien wird der Teppich nach dem Waschen gespannt, getrocknet und weichgeklopft.

Literatur

  • Werner Brüggemann: Der Orientteppich . Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-89500-563-3 .
  • Robert de Calatchi: Orientteppiche. Geschichte, Ästhetik, Symbolik. Aus dem Französischen übersetzt von Erika Fackiner. 2. Auflage. Georg D. W. Callwey, München 1979, ISBN 3-7667-0489-3 .
  • Kurt Erdmann : Der orientalische Knüpfteppich. Versuch einer Darstellung seiner Geschichte. 2. Auflage. Ernst Wasmuth, Tübingen 1960
  • A. Naci Eren: Die handgewebten türkischen Teppiche. Hitit color, İstanbul 1992, ISBN 975-7487-25-2 .
  • P. R. J. Ford: Der Orientteppich und seine Muster. Die Bestimmung orientalischer Knüpfteppiche anhand ihrer Muster, Symbole und Qualitätsmerkmale. Aus dem Englischen von Leonore Schwartz. Busse, Herford 1982, ISBN 3-87120-863-9 . Lizenzausgabe. Weltbild Verlag, Augsburg 1995, ISBN 3-89350-740-X .
  • Enza Milanesi: Teppiche. Muster, Datierung, Provenienzen. Aus dem Italienischen von Marcus Würmli. Mosaik-Verlag, München 1994, ISBN 3-576-10354-6 .
  • Essie Sakhai: Die Geschichte des Orientteppichs. Aus dem Englischen von Volker Scheunert. Karl Müller, Erlangen 1994, ISBN 3-86070-131-2 .
  • Staatliche Museen zu Berlin Keir Collection – Sammlung von Edmund de Unger
  • 30 Afghanische Kriegsteppiche bei flickr
  • Kelims und Orientteppiche – Eine Liste an Instituten, Museen und Ausstellungen.
  • Orientteppiche im Auktionshaus Christie’s
  • Teppichfragmente im Türk ve Islam Eserleri Müzesi, Istanbul – Fotos von Dosseman
  • Iranisches Teppichmuseum – Auf den Ort doppelklicken und dann oben rechts auf „view samples“
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